Sondervermögen – Was kommt da auf uns zu?
Deutschland ist ein vermögendes Land. Aufgrund mehrerer bekannter Faktoren befindet sich unsere Wirtschaft seit Jahren in einer Flaute. Mithilfe eines sogenannten Sondervermögens soll das Schiff „BRD“ nun wieder auf Kurs gebracht werden.
Wohin wir blicken: Baustellen (und damit kennen wir – die Bauwirtschaft – uns ja wohl besser aus als andere) und augenscheinlich kümmert sich seit Jahren kaum jemand drum, diese zum erfolgreichen Abschluss zu bringen. Was speziell uns besonders nervös macht, weil wir für deren Beseitigung prädestiniert sind: einerseits Wohnungsnot, andererseits Leerstände, dazu marode Straßen und Brücken und und und…
Und warum? Weil über Jahrzehnte vieles falsch geplant und zu wenig in Erhaltung und Modernisierung investiert wurde. Gemachte Gewinne wurden viel zu oft privatisiert. Nun fehlen dieses Geld und dazu Ressourcen, sprich Fachkräfte. Zudem sind die Preise so weit gestiegen, dass sich das Bauen für viele nicht mehr rechnet. Manche der Ursachen wirken natürlich auch von außen ein, andere sind zweifelsfrei hausgemacht. Es ist, wie es ist.
Zur Abhilfe soll also jetzt ein Sondervermögen her, auf deutsch: neue Schulden. Darüber ist viel diskutiert worden und wird weiter diskutiert und gestritten. Der Bundestag hat beschlossen, der Bundesrat abgesegnet.
Über zwölf Jahre sollen 500 Milliarden Euro zielgerichtet in die Modernisierung der nationalen Infrastruktur sowie den Klimaschutz fließen. Klingt eigentlich gut, vorausgesetzt, es wird mit Maß und Ziel umgesetzt und zwar so, dass aus den Schulden tatsächlich Vermögenswerte geschaffen, geschützt und stabilisiert werden und sich die Investitionen langfristig rentieren. Wohlgemerkt: für unser Gemeinwesen und nicht wieder nur für die privaten Konten der Vermögendsten.
Durch das Programm soll nun auch unsere Branche wieder richtig zu tun bekommen, denn die Verwendung des Sondervermögens sieht enorme Investitionen in den sozialen Wohnungsbau, den Umbau von Gewerbeimmobilien zu Wohnraum sowie in serielles und modulares Bauen vor. Weiter soll nachhaltiges Bauen und Heizen gefördert werden.
Sobald die Mittel bereitstehen und sich in konkreten Anfragen, Ausschreibungen und Aufträgen äußern, liegt es an uns, das Ganze umzusetzen. Jedes Bauunternehmen, jeder Bauhandwerks- und Baunebengewerbebetrieb darf sich jetzt schon die Frage stellen: Können wir das leisten?
Zweifellos bietet diese Situation eine vielleicht einmalige Chance, unsere Branche auf ein neues Niveau zu heben. Jetzt ist die Zeit, unsere Betriebe zu modernisieren, neue Technologien einzuführen und uns mit fortschrittlicher Digitalisierung bis zum Einsatz von künstlicher Intelligenz zu beschäftigen.
Denn was uns trotz bald vorhandenen Kapitals bleiben wird – und zwar verschärft – ist der Fachkräftemangel. Dieser betrifft nicht nur unsere, sondern unter anderem auch die IT-Branche. Ausgerechnet!
Damit wir also richtig loslegen können, benötigen wir Fachkräfte. Eine breit angelegte Image- und Ausbildungsoffensive pro Bau würde helfen, dazu eine offene und ehrliche Willkommenskultur, um Fachkräfte von außen für uns zu gewinnen.
Wie jede Veränderung birgt dieser Schritt Chancen und Risiken. Letzteres würde heißen: Wir und unsere Nachkommen bleiben auf einem Berg Schulden sitzen. Das will hierzulande sicher niemand. Also: Das „A“ ist gesagt, nun folgt „B“. Wie es aussieht, kommt auf uns eine Menge Arbeit zu und aus Erfahrung wissen wir: Arbeit zieht Arbeit nach sich.
An viel Arbeit ist unsere Branche gewöhnt. Bei der Umsetzung des Sondervermögenszwecks soll es an uns nicht liegen. Wir vermögen das!
Foto von Avij – Eigenes Werk, gemeinfrei