Aussichten in Zeiten des Umbruchs

Angst ist ein schlechter Ratgeber, auch und besonders dann, wenn uns scheinbar die Bedrohungen einkreisen. Wir sollten tun, was wir können. Für uns heißt das: bauen.

Fast wie im Zeitraffer türmen sich gerade gleichzeitig die großen Herausforderungen unserer Zeit auf und verlangen nach Lösungen. Wie die Bäume im Dschungel um Licht wetteifern sie um Aufmerksamkeit, Raum und Geld. Dabei spielt die Corona-Pandemie, obwohl noch “omikron”-präsent, nicht mehr die erste Geige.

Der Krieg in der Ukraine hat anderen Themen das Brennglas aufgesetzt: der Energiewende, dem Ressourcenverbrauch, der Lebensmittelerzeugung und auch – und da sind wir bei unserem Thema – der Zukunft des Wohnens. Und hier geht es nicht primär darum, wie viele Menschen aus der Ukraine oder anderen Krisenregionen wir beherbergen können. Es geht vielmehr einerseits um die bisher schon dringend benötigten Wohnflächen, die gebaut werden wollen und andererseits um die Abwägung, wie freie Flächen zukünftig genutzt werden sollen.

In einer Frage gibt eine aktuell veröffentlichte neue Studie, die das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Auftrag des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen durchgeführt hat, erhellende Antworten. Klare Aussage: Das Bauland reicht aus. Das ist doch eine positive Nachricht!

Dabei wurden potenziell bebaubare Flächen in deutschen Städten und Gemeinden ermittelt (mindestens 99.000 Hektar) und errechnet, wie viele Wohnungen darauf gebaut werden können. Ergebnis: Je nach Dichte der Bebauung zwischen 900.000 und zwei Millionen Wohneinheiten. Zusätzlich zu Baulücken und Brachflächen kommen noch die Potenziale hinzu, bestehende Wohnblöcke aufzustocken. Mit dieser Verdichtung der Städte und Gemeinden soll das erklärte Ziel verwirklicht werden, jährlich etwa 400.000 neue Wohnungen zu schaffen.

Auf diese Weise soll auch dem Flächenfraß Einhalt geboten werden, denn durch die Problematik in der Ukraine wird uns schmerzlich bewusst, wie wertvoll land- und forstwirtschaftliche Nutzflächen sind. Auch die Energiewende beansprucht Freiräume, Natur- und Artenschutz sowieso.

Ob das hehre Vorhaben des Bauministeriums tatsächlich umgesetzt werden kann, ist allerdings noch von weiteren Faktoren abhängig. Da sind einerseits die Kosten. Nach einem langen Zeitraum rekordverdächtig niedriger Zinsen dürfte die derzeit heftige Inflation zwangsweise höhere Hypothekenzinsen nach sich ziehen. Die Gefahr ist groß, dass Energie- und Rohstoffpreise weiter steigen und sich auch auf die sonstigen Kosten niederschlagen.

So werden sich weniger Menschen den Traum vom Wohnen im eigenen Heim leisten können, während die Preise für Renovierung und Instandhaltung wachsen. Schließlich müssen Heizungsanlagen weg von Öl und Gas, hin zu erneuerbaren Energien. Wie jetzt bereits steht der Staat, als wir alle, in der Pflicht, dies zu finanzieren. Wir werden weiter Schulden machen müssen.

Eine weitere Herausforderung: Haben wir, die Bauwirtschaft und das Bauhandwerk, die Kapazitäten und die Manpower, um die kommende Auftragsflut zu bewältigen? Wo ist Automatisierung möglich? Können wir jungen Menschen Anreize bieten, einen Handwerksberuf zu ergreifen, wenn auch in anderen Branchen Fachkräftemangel herrscht?

Zweifellos ist die Welt im Umbruch. Vom subjektiven Gefühl der Sicherheit in unserer Gesellschaft verabschieden wir uns gerade Stück für Stück. Müssen wir deshalb verzweifeln?

Keineswegs! Solange die Sonne morgens aufgeht, gibt es Licht am Horizont. Statt in einem pseudosicheren Gefühl mit hochgelegten Beinen auf die nächste Hiobsbotschaft zu warten, gilt es nun, sich den Herausforderungen dieser Zeit zu stellen. Es gibt so viele Menschen mit positivem Antrieb, mit Ideen, Mut und Lebenslust. Vielleicht ist die Zeit reif, wieder mehr zusammenzurücken und einander zu unterstützen. Eine dichtere Bebauung ist dafür gar nicht so schlecht.

Bild: Von Helinpe – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0

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