Baustoffe – die Basis aller Bauvorhaben – Teil 4: Lehm
Einer der ältesten Baustoffe in der menschlichen Zivilisationsgeschichte feiert eine Renaissance. Lehm hat aus mehreren Gründen das Potenzial, der Baustoff der Zukunft in vielen Regionen der Erde zu sein.
Lehm ist nicht gleich Lehm. Der natürliche Rohstoff besteht aus einer Mischung von Ton, Sand und Feinsand. Vor allem der Ton bestimmt Konsistenz und Farbe der Masse. Lehm verbinden die meisten Bauherren wohl nach wie vor mit vergangenen Epochen zwischen Altertum und bestenfalls Mittelalter sowie mit Entwicklungsländern. Wenngleich Lehmbauten dort wie auch früher zumeist aus wirtschaftlichen Zwängen errichtet wurden, da der Rohstoff quasi überall verfügbar und günstig war, haben die modernen Verfechter dieses Baustoffs die offensichtlichen Vorzüge im Blick.
Kenner schätzen Lehm für seine hervorragenden bauphysikalischen und baubiologischen Eigenschaften. In Lehmhäusern liegt die Luftfeuchtigkeit konstant bei ca. 50 %. Lehm speichert Wärme, besitzt gute Schallschutzwerte und ist zu 100 % recycelbar. Für ökologisch bewusste Bauherren ist das natürliche Material eine ernsthafte Alternative zu Holz. Gerne werden beide Baustoff zusammen eingesetzt, wie die unzähligen erhaltenen Fachwerkhäusern beweisen. Trifft Holz auf Lehm, bleibt es gesund, da der Lehm dank seiner Eigenschaften das umschließende Holz gegen Pilze und Insekten schützt.
Wer ein Lehmhaus betritt, spürt in der Regel sofort den Unterschied. Selbst hohe Außentemperaturen lassen sich hinter dichten Lehmwänden bestens aushalten. Außer einem stets angenehmen Raumklima lassen sich mit Lehm Wohnunikate gestalten. Kreative Erbauer können ihre Behausung mit einfachen Mittel immer wieder ummodellieren und ihre Wohnträume verwirklichen, sofern sie die Statik des Baukörpers im Blick haben.
Naturgemäß stößt die Lehmbauweise jedoch an ihre Grenzen. Da der Baustoff empfindlich auf Regen, Feuchte und Frost reagiert, beschränkt sich die Bausaison auf die Warm- und Trockenperioden. Bei der Trocknung der Wände können zudem Risse auftreten. Deshalb dürfen die als Schutzschichten notwendigen Außenputze erst nach vollständiger Trocknung aufgetragen werden.
Wie bereits angesprochen ist der Lehmbau mittlerweile in der Gegenwart angekommen. Neue Lehmbautechniken und die Fertigung von hochwertigen Elementen wie Lehmbauplatten bieten dem Lehmfreund eine Vielzahl an Variationsmöglichkeiten. Problemlos lassen sich damit Bauwerke aus Komponenten mehrerer Baustofflinien kombinieren. Denkbar wäre etwa, das Fundament mit Keller aus Beton, das Erdgeschoss in massiver Ziegelbauweise und das Obergeschoss als Fachwerk mit Lehm oder als komplettes Lehmaufsatzhaus zu errichten. Um die Raumklimavorzüge des Lehms zu nutzen, kann man auch nichttragende Innenwände aus Lehmziegeln oder Lehmplatten einziehen.
Wer jetzt folgert, dass die Lehmbauweise Kosten spart, irrt. Auch wenn der Baustoff Lehm an sich kostengünstig bezogen werden kann, müssen Sie – sofern Sie kein Fachmann sind – mit etwas höheren Baukosten für ein Lehmhaus rechnen im Gegensatz zu einem aus Ziegeln gemauerten Haus mit gleicher Wohnfläche. Dies gilt für eine arbeitsintensive Bauweise mit relativ hoher Eigenleistung.
Allerdings ermöglicht das 3D-Druckverfahren ganz neue Perspektiven für den Baustoff Lehm. Pastoser Lehm ist als druckbares Material geeignet. Es könnte sein, dass Lehm Teil der Zukunft des Bauens sein wird.
Foto: Alternatives Haus aus Lehm; von Hanan Cohe, Beit Shemesh, Israel; CC BY-SA 2.0